Lofoten | Norwegen

Zum ersten mal auf die Lofoten im März

Fünf Monate waren seit meiner Reise zum Matterhorn vergangen. Diesmal sollte es weiter gehen. Viel weiter. Wie auch die Reisen zuvor, begann auch diese mit einem Anruf von meinem Onkel. Wer sonst sollte so verrückt sein, 3.000 Kilometer mit dem Auto durch Norwegen zu fahren und knapp 3.000 Kilometer zurück durch Schweden? Im März habe ich saisonbedingt kaum Aufträge und viel Freizeit. Ohne zu zögern, stimmte ich dem Abenteuer zu. Ich hatte flüchtig von den Lofoten gehört. Ich weiß auch nicht warum, aber es wirkte damals alles so unerreichbar. Doch jetzt war es nur noch eine dreitägige Autofahrt entfernt.

Unsere Reise begann früh am Morgen in Ratingen und führte über Hamburg nach Nord-Dänemark. Dort ging es über den Hafen von Hirtshals mit der Fähre nach Larvik. Angekommen in Larvik, war es so weit. Wir waren in Norwegen. Es war noch dunkel und nebelig, doch es fühlte sich schon jetzt einfach anders an. Von Larvik aus ging es hoch an Oslo vorbei, und ab hier begann nun unsere Fahrt durch Norwegen so richtig.

Norwegen

Dass diese Autofahrt sehr anstrengend werden würde, war uns bewusst. Schlafen an verschneiten Tankstellen. Elchen beim Überqueren der Straße zusehen. Unendlich viele LKWs. Regen, der ständig in Schnee wechselt und wieder zurück. Fjorde über Fjorde. Die Fahrt durch Norwegen könnte vielseitiger nicht sein. Immer wieder bleiben wir an Orten stehen und müssen uns erst sattsehen, bevor es weitergeht. Was für ein fantastisches Land.

Bodø und die Lofoten

Es war so weit, wir waren nur noch einige Minuten von der Fähre in Bodø entfernt. Es war die letzte Fähre, die wir damals bekommen hatten. Von Bodø hatte ich nicht viel mitbekommen, da wir bei Nacht einfuhren. Mir war klar, dass sobald wir von dieser Fähre herunterkämen, einer meiner größten Träume wahr werden würde.

Nach einigen Stunden war der Moment gekommen. Die Fähre legte an, wir fuhren mit all den anderen Autos herunter und waren nun offiziell auf den Lofoten. Nun gut, es war stockdunkel und wir sahen … nichts. Doch bei jedem Blick aus dem kleinen Fenster erkannte man die Silhouetten der Berge um uns herum. Das war etwas Unbeschreibliches. Immer wenn wir zum Stillstand kamen, hörte man das Meer, die Möwen und vor allem eine Ruhe, die ihresgleichen suchte.

Unsere Fischerhütte

Mitten in der Nacht, erschöpft von der ganzen Fahrt, kamen wir an unserer verschneiten Fischerhütte an. Schon von Weitem sahen wir, dass unser Vermieter den Kamin angemacht hatte. Alles lief perfekt. Er begrüßte uns auf Englisch und stellte sich vor. Torbjörn war sein Name. Skandinavischer ging es nun nicht mehr.

Wir hatten 10 Tage Aufenthalt in dieser Fischerhütte gebucht. Es sollte nicht luxuriös sein, nur das Nötigste und ein Fischerboot zum Angeln. Sehen und erleben war auch diesmal unser Vorhaben. Genau das erfüllte diese Hütte für uns. Es war alles ein Traum. Allein das Gefühl, dort am Meer zu sein, in einer Hütte, die beinahe ins Wasser ragt, umringt von Schnee und wildem Land. Und vor allem: ein Kamin, der uns jeden Abend warmhielt. Es war der absolute Hammer.

Wir konnten uns kaum unterhalten, ohne dass uns das Glück anzusehen war. Torbjörn verabschiedete sich und sagte uns, dass wir uns am nächsten Tag sprechen würden. Erschöpft und glücklich fielen wir in den Schlaf.

Der März und unser erster Tag auf den Lofoten

Einen Wecker hatten wir uns nicht gestellt. Geweckt wurde ich vom Rauschen der Wellen und den singenden Möwen. Ich hatte mein Fenster nachts geöffnet, weil der Kamin doch ziemlich warm wurde. Das Haus war leicht in einen Felsen eingearbeitet, und draußen an meinem Fenster hingen große Eiszapfen, die langsam schmolzen und Wasser auf das Holz tropfen ließen. Diese Geräuschkulisse werde ich nie vergessen. Wie in einem Film wurde mir im selben Moment klar, wo ich eigentlich war. Ich sprang auf, schaute direkt aus dem Fenster und meine Kinnlade wanderte Richtung Boden. Ich sah Berge, Wasser, Meer, Möwen und es roch unbeschreiblich großartig.

Schnell machten wir uns einen Kaffee und ein paar Brote fertig. Der erste Tag war dazu gedacht, um alles um unser Haus herum zu erkunden. Einfach mal raus und satt zu sehen. Schnee, soweit man sehen konnte. Berge, die über dem Horizont erschienen. Das Wasser war klar und türkisblau. Wie in der Karibik – nur ohne Palmen und mit Schnee.

Sprachlos ist der richtige Ausdruck.

Die Sache war schnell klar. Sich satt sehen war ein Ding der Unmöglichkeit. An jeder, wirklich jeder Ecke wurde man erschlagen von Begeisterung. Es war zwar erst unser erster Tag, doch mir war klar, dass ich mich verliebt hatte. Wie konnte es sein, dass ich all das noch nie vor meinen Augen gehabt hatte? Als wäre ich bisher blind durch das Leben gegangen.

Das Licht wechselte manchmal im Minutentakt und offenbarte uns ein Spektakel der besonderen Art. Schneebedeckte Strände. Boote, die durch das Wasser fuhren. Der Wind pfiff uns nur so um die Ohren. Der Stockfisch war überall. Große, aus Holz gebaute Einrichtungen, auf denen der Fisch zum Trocknen hing. Selbst die Abende von unserem Wohnzimmer aus zeigten sich jeden Abend in einem neuen Licht. Für mich waren es die Alpen im Meer. Die Alpen in der Karibik.

Das war Sehen und Erleben pur

Zum Wandern war es einfach viel zu kalt, und die richtige Ausrüstung hatten wir sowieso nicht dabei. Trotzdem haben wir alles, was wir mit dem Auto erreichen konnten, unsicher gemacht. Wir sind von einem Ende der Lofoten bis ans andere Ende gefahren. Wir haben ein Café in Reine besucht, skandinavisches Essen bei Torbjörn genossen, einige der schneebedeckten Berge erklommen und mit dem Hausboot am Meer unser eigenes Essen geangelt. Unsere Zeit verging wie im Flug.

Der März war düster und chaotisch. Das Wetter war grau und stürmisch. Aber genau diese Kombination zeigte mir, was ich ändern müsste, um demnächst noch bessere Fotos anfertigen zu können. Gerade schlechtes und ungemütliches Wetter schafft die besten Möglichkeiten für einzigartige Fotos.

Das Beste kommt zum Schluss.

Unser Traumurlaub war fast vorbei. Einer der letzten beiden Tage brach an, doch eine Sache fehlte noch: die Polarlichter. Aurora Borealis. Die Polarlichter mit eigenen Augen zu sehen, wäre auch viel zu schön, um wahr zu sein. All die Abende hatten wir eine ziemlich dichte Wolkendecke über uns, beste Voraussetzungen, um die Polarlichter nicht zu sehen. Einen Haken müsste so eine Traumreise ja auch haben, dachte ich mir damals. Trotzdem stellte ich meine Kamera jeden Abend auf das Stativ und stellte alles ein, was nötig war – für den Fall der Fälle.

Es war genau am vorletzten Tag, als ich irgendwann sehr spät abends hoffnungslos einschlief und in meine Träume fiel. Plötzlich riss mein Onkel die Tür zu meinem Zimmer auf und schrie nur laut: „ANZIEHEN, KAMERA, STATIV, WIR, RAUS.“ Es war soweit. Die Polarlichter. Ich zog wie wild alle nötigen Klamotten an, sprang in die Schuhe und packte die Kamera. Eine Info muss ich euch vorab erzählen. Die Polarlichter kann man in Stärken einteilen. Es gibt welche, die kaum zu sehen sind, bis zu denen, die so dermaßen am Himmel pulsieren, dass der ganze Boden unter einem grün erleuchtet wird.

Mein erster Blick in Richtung Himmel war wie ein harter Schlag ins Gesicht. „Ach du Scheiße…“ dachte ich mir, als ich das sah. Ich war so glücklich in diesem Moment, dass ich kaum ein Bild auf die Reihe bekam. Ich wollte es sehen und auf Bildern festhalten. Doch irgendwie bekam ich beides nicht hin. Es war ein brauchbares Bild dabei, und ich stellte die Kamera zur Seite, um diesem Lichtspektakel einfach zuzusehen. Es war wie bei „Herr der Ringe“. Nein, es war sogar besser. Der Himmel pulsierte, und die Polarlichter tanzten in einem unglaublichen Rhythmus über unseren Köpfen. Ein Moment, der für immer unvergesslich bleibt.

Das war ein Abenteuer.

Hier hatte ich den Höhepunkt erreicht. Ich wollte so schnell wie möglich nach Hause. Nicht, weil ich hier wegwollte, nein. Es sollte so schnell wie möglich weitergehen. Ich wollte mein Leben umstrukturieren. Mehr von dem machen, was ich will, und weniger von dem, was ich nicht will. All das ist einfacher gesagt als getan. Doch gerade meine Kindheit lehrte mich, geduldig zu sein. Eines Tages wird alles wieder gut oder zumindest besser. Mein Mindset hat sich gefestigt.

Meine Urlaube wollte ich nur noch in den Bergen verbringen. Ein sehr radikaler Gedanke. Doch Berge gab es nicht nur in Norwegen oder in der Schweiz. Ich wusste zu dieser Zeit nicht einmal von den Dolomiten in Italien, obwohl diese nur eine 900 Kilometer Strecke von mir entfernt waren. Ich habe mir vorgenommen, meine Urlaube dafür zu nutzen, dieser Freiheit nachzujagen. Dem Gefühl nachzujagen, das mich so frei macht.

Ich habe eine lange Zeit Angst gehabt, dass meine Gedanken völliger Blödsinn sind. Ich habe mich nicht an diesen Blog getraut, obwohl es richtig in mir gebrannt hat. Was ist, wenn die anderen denken, ich wäre verrückt? Was ist, wenn mich andere dafür auslachen? Heute habe ich endlich den nötigen Mut zusammengenommen und werde diesen Blog mit meinen Geschichten auf der Suche nach diesem Gefühl hier auf dieser Seite erzählen. So wie das Leben spielt, lagen ja noch einige große Momente vor mir. Doch davon erzähle ich euch ein anderes Mal.

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