Zermatt | Schweiz

Das erste Mal im Zelt am Berg Murmeltierangriff bei Nacht

Meine erste Reise in die Berge lag nun 2 Jahre zurück, und alles, was mir von dieser blieb, waren Bilder. Bilder, die mich immer wieder an meine Euphorie erinnerten. War es nur eine Überreaktion oder wirklich eine Leidenschaft? Diese Frage stellte ich mir in dieser Zeit unendlich oft.

Die Aussichten auf die nächste Reise waren wie immer aussichtslos. Kein Führerschein, keine Menschen um mich herum, die sich für Berge interessierten. Doch das Licht in mir brannte weiter vor sich hin. Es vergingen Monate um Monate, und ich fotografierte eine Hochzeit nach der anderen. Mein Gewerbe als Hochzeitsfotograf lief langsam an. Ich hatte zu tun und war gut abgelenkt. Es war wie immer ein einziger Moment, der wieder alles veränderte.

Wie bei der Reise zuvor rief mein Onkel mich an und erzählte mir von seiner Idee, es nochmal in Zermatt zu probieren. Diesmal sollten wir mindestens für eine Woche anreisen. So würden wir definitiv die Chance haben, das Matterhorn überhaupt zu Gesicht zu bekommen. Das Licht in mir brannte wieder lichterloh. Ein Anruf, und meine Gedanken nahmen wieder volle Fahrt auf. Beinahe hatte ich doch diese Euphorie im Alltagsstress aus den Augen verloren.

Diesmal wollten wir eine Reise unter Männern wagen. Ein Platz im Auto war frei. Wen nehmen wir mit? Die Wahl fiel auf Sergej. Mein bester Freund aus der Kindheit und meinen ersten Jahren hier in Deutschland. Schnell eine WhatsApp verschickt und prompt war auch bei ihm das Interesse geweckt. Mit Sergej habe ich in den letzten Jahren kaum Kontakt gehabt, und so war das eine gute Möglichkeit, den Kontakt wieder aufzubauen und zu sehen, was im Leben des anderen so passiert ist.

Der erste Tag in Zermatt

Ich erspare euch die Autofahrt und springe direkt zu unserer Ankunft am Ziel. Angekommen in Täsch endet die Reise mit dem Auto, denn in Zermatt sind PKWs untersagt. Es besteht die Möglichkeit, mit der Bahn von Täsch nach Zermatt oder per Elektrotaxi zum Ziel zu gelangen. Vorteil beim Elektrotaxi ist, dass all deine Rucksäcke und Taschen direkt vor deine Unterkunft befördert werden.

Dort angekommen erwartet dich überall der Anblick Richtung Matterhorn. Das Wetter war diesmal wie in einem Bilderbuch. Blauer Himmel, keine Wolken. Das Matterhorn zeigte sich uns lange bevor wir den Zermatt überhaupt erreicht hatten. Eine uns gänzlich andere Welt erstreckte sich vor uns. Alles war wie in ein weiches Orange getaucht.

Schlüssel in die Hand, Rucksäcke auf dem Rücken und los ging es hoch in den 2. Stock der Unterkunft – mit einer Traumaussicht in Richtung Matterhorn. Oben angekommen und ohne die Wohnung begutachtet zu haben, lief ich geradewegs auf den Balkon, um zu sehen ob er da war. Ein unbeschreiblicher Anblick.

Das Matterhorn

Tausendmal besser als auf den Bildern, die ich bisher sehen durfte. Und das vom Balkon aus. Viel größer, viel mächtiger. Wie er aus dem Boden ragt und die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das ist er also, der Toblerone-Berg.

An dieser Stelle muss ich zugeben, dass es nicht mein erster Tag in Zermatt war. Aber es war mein erster Tag im Zermatt an dem ich den Berg sehen durfte. Wer meine Geschichte „WIE ALLES ANFING“ gelesen hat, weiß, dass ich vor 3 Jahren bereits in den Französischen Alpen am Mont Blanc war. An einem der verregneten Tage machte ich mich mit meinem Onkel damals alleine auf zum Zermatt, um den Matterhorn zu sehen. Doch abgesehen von Nebel und Regen war damals nichts daraus geworden. Um so besser war es bei diesem Mal.

Was war nun unser Plan?

Einen Plan hatten wir nicht, aber es gab unendlich viele Richtungen und Möglichkeiten hier etwas zu unternehmen. Zelte hatten wir eingepackt. Schlafsäcke auch. Wir waren für alles gut gerüstet. Zumindest dachten wir das. Aber was weiß ein Anfänger schon? Wir wussten nicht mal, dass es verboten war, einfach so das Zelt aufzuschlagen und irgendwo zu zelten. Das Einzige, was wir wussten, ist, dass wir es probieren müssen.

Den nächsten Tag verbrachten wir damit, über Google zu schauen, wohin wir wollen, was wir überhaupt wollen und wie wir es anstellen. Einige Spaziergänge durch Zermatt und der Tag war fast vorüber. Mit vollem Magen saßen wir nun in der Hütte und überlegten und überlegt… Was tun wir nun? Zelten? Wandern? Beides?

Wir entschieden spontan einfach loszugehen, die letzte Zahnradbahn Richtung Gornergrad zu nehmen und dort einfach noch bis zum Sonnenuntergang zu wandern, bis wir unser Lager aufschlagen. Beim Ticketkauf sah uns die Dame ein wenig skeptisch an und sagte, dass es sehr kalt werden würde. Nun, wir hatten Oktober und wie kalt würde es schon werden? Minus eins, vielleicht Minus drei? Das kriegen wir schon hin, sagten wir.

Die Fahrt in die Berge

Vom Bahnhof am Zermatt und mit der Zahnradbahn zum Himmel hinauf. Und dann zum Gipfel am Gornergrat. Circa 30 Minuten unterwegs mit der Bahn an Bergseen, Schluchten, Brücken und Wäldern aus Lärchen und Arven vorbei. Ein Einwegticket in der Tasche. Am nächsten Tag zu Fuß zurück. Wandern und die Natur voll aufsaugen. Das war unser Plan.

Die Bahn steigt immer weiter und immer weiter hinauf, und die ganze Pracht, die der Herbst hier präsentiert, wird immer deutlicher. Es ist mein zweites Mal in den Bergen, und ich wusste nicht, ob ich nach Links oder Rechts schauen soll. Soll ich Fotos machen oder die Natur genießen? dachte ich mir. Es ist ein unglaubliches warmes Licht, das uns die ganze Fahrt begleitet.

Ich gebe zu, ich habe so etwas noch nie gesehen. Der Zug ist leer. Wir sind die Einzigen. Die Euphorie in mir war kaum zu beschreiben. Da war wieder dieses Gefühl wie damals in den französischen Alpen. Es war sogar noch deutlicher. Die Atmosphäre machte mich verrückt. Wir entschieden uns, eine Station vor dem Gornergrad auszusteigen und den Rest zu wandern.

Das beste Licht und das schönste Gefühl

Weit und breit war niemand zu sehen. Es war niemand zu hören – oder irgendetwas. Es war kühl und auch angenehm. Da stand ich und war überwältigt von dieser unendlichen Weite, von der Natur und dem Licht, das ich vor mir hatte. Alles, was einem so tagtäglich im Kopf herumschwirrt, war vergessen. Es war wie ein Moment der völligen Klarheit. Das mag vielleicht melodramatisch klingen, aber ich möchte nicht leugnen, dass ich in diesem Moment da oben seit langem endlich wieder seelisch frei war. Es war befreiend, ein wirklich unbeschreibliches Gefühl.

So fühlt es sich also an, wenn dich etwas berührt. Nicht physisch, nein. Ich spreche davon, dass dich etwas seelisch packt und dir ins Gesicht sagt: „Das ist es! Das, was du liebst. Hier bist du zuhause.“ Emotionen, die ich sonst nirgends hatte.

Die Milchstraße, unser Zeltplatz und der Spiegel für den Matterhorn

Die Sonne ging immer schneller unter, und das Licht verschwand mindestens genauso schnell hinter dem Horizont. Ein Zeltplatz musste her, ein schöner sollte es werden. Auf der Karte über Google hatten wir einen See gesehen, und genau diesen suchten wir nun. Unsere leichte Bekleidung reichte immer weniger, und so kamen unsere Jacken zum Einsatz. Wir hatten ja schließlich alles im Gepäck.

Eine gute Stunde wanderten wir, bis wir den See tatsächlich ausgemacht hatten. Unglaublich! Wie durch einen Spiegel spiegelte sich der Matterhorn in dem See. Ich konnte dabei nur an all die Bilder denken, die ich hier machen könnte, und griff direkt zum Stativ. In der Zwischenzeit waren Sergej und mein Onkel mit dem Aufbau des Zeltes beschäftigt. Es war jetzt schon extrem kalt, doch wirklich bemerkt hatte ich es nicht, da wir uns noch schön in Bewegung hielten.

Zelt stand, Stativ stand, und nun sollte es mit einem Tee und einer 5-Minuten-Terrine so langsam ins Zelt gehen. Es verging kaum Zeit, bis wir merkten, dass wir uns stark überschätzt hatten. Es war nicht einfach … kalt. Es war arschkalt! … wie man so schön sagt. Ein Zelt ist ein Zelt, und ein Schlafsack ist ein Schlafsack. Was sollte man da schon falsch machen können? Selten hatte wir und vor allem ich mich so geirrt.

Wir hatten keine Ahnung von all den Temperaturangaben. Wir hatten diesbezüglich weniger Ahnung als ein Amateur. Ein Schlafsack besitzt Angaben wie T-Max, T-Comfort, T-Grenzbereich, und einen Extrembereich gibt es sogar auch noch. Aber all das war wie eine unbekannte Sprache für uns. Immerhin hatten wir billige Isomatten dabei, die die Kälte wenigstens vom Boden etwas minderten.

Es war unmöglich einzuschlafen. Der ganze Körper zitterte vor Kälte, und es wurde nur noch schlimmer. Einige Male machten wir die Gasflasche im Zelt an und wärmten uns leicht an ihrem Feuer, nur um dann weiter zu leiden. Es war erschreckend unangenehm. Doch hier fing der Spaß für mich erst an.

Die Murmeltiere waren schneller vergessen, als ich es mir erhoffen konnte.

Es war unendlich kalt, aber der Himmel ließ mir die Kinnlade herunterfallen. Die Milchstraße? Ich habe zum ersten Mal die Milchstraße mit eigenen Augen sehen dürfen. Wenn man in der Stadt lebt, ist das alles andere als normal. Immerzu glaubte ich, dass so etwas nur mit einer wirklich langen Belichtungszeit realisierbar wäre. Doch nein, da war sie. Meine Müdigkeit war über alle Berge.

Momente, die dich verändern

Meine Gedanken kann ich nicht in Worte fassen. Alles an diesem Ausflug war bisher überwältigend. Wo war all das Interesse an dem Leben vorher gewesen? Warum habe ich so viel Zeit mit vermeintlichen Hobbys verbracht, ohne über all das hier zu stolpern? Wie konnte ich erst so spät dieses Gefühl finden, das mir sagt: DAS IST ES. Das ist es, was du liebst.

Ja, ja. Ich weiß, das klingt alles so dramatisch, aber eins weiß ich: Es ist ehrlich. Ich machte mir unendlich viele Gedanken. Zelten, Wandern, Fotografieren und vor allem Sehen und Erleben. Wie realisiere ich mir die Möglichkeit, dieses Gefühl immer wieder in mir zu entfachen? Wie vereinbare ich das alles mit meinem Job? Alles Gedanken, über die ich auf dieser Seite noch intensiver eingehen werde. Aber erst mal zurück zum Matterhorn.

Der Tag danach, die Woche und das Ende der Reise

Nach der katastrophal kalten Nacht stand fest, dass wir definitiv Amateure waren. Was einen nicht umbringt, macht einen stark, dachte ich mir. Ich habe verdammt viel allein nur durch diese zwei Tage für mich mitgenommen. Mehr, als ich für den ganzen Urlaub überhaupt erhofft habe.

Der nächste Tag war wie in einem Traum. Die Sonne schien. Das Licht war, wie an dem Tag zuvor, ein Genuss, und wir haben nicht gehetzt, sondern den Moment einfach in Ruhe genossen. Ein Tee und einige Energieriegel später machten wir uns auf den Weg nach unten. Ein langer, aber genauso atemberaubender Weg, wie er es bisher schon war. Ich war nahezu bei jedem Schritt immer mehr geplättet, was sich hier im Herbst abspielte. Es war wie in einem Film. Unglaublich. Wir verbrachten die restlichen Tage mit allerlei Unternehmungen. Mountainbiken, Wandern, Ausruhen und Fotografieren.

Das Ende dieser Reise

Eine unglaubliche Woche lag hinter uns. Mein Kopf war voller Emotionen. Es war wie ein neuer Abschnitt, der für mich begann. Ich wollte alles wissen. Berge, Zelten, Wandern und die Fotografie – es hatte mich diesmal gepackt. Es war nicht nur Euphorie. Nicht nur ein Hobby. Nein. Hier entstand eine Leidenschaft. Ein Gedanke hatte sich in meinem Kopf breit gemacht und Wurzeln in alle Richtungen meines Gehirns geschlagen. DAS IST ES.

Ich hatte etwas gefunden, das mir mehr Sinn verlieh. Auf diese Reise möchte ich euch an dieser Stelle mitnehmen. Ich möchte euch berichten über meine Reisen und meine Emotionen. Über meine Erfahrungen und meine Enttäuschungen. Technik oder Mindset – ich werde diese Seite dafür nutzen, mich und meine Leidenschaft auszuleben.

Ich danke dir an dieser Stelle für deine Zeit. Wenn ich genau dich damit anspreche, du Fragen hast oder ich nur ein Gefühl in dir wecke, dann bitte schreib mir deine Meinung dazu in die Kommentare.

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